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  • AutorenbildJulia Moldenhauer

Unterhaltsam - Mahnend - Absurd



Zum Titel


Der Roman „Als Großvater im Jahr 1927 mit einer Bombe in den Dorfbach sprang, um die Weltrevolution in Gang zu setzen“ von Lothar Becker wurde 2020 im Carpathia Verlag veröffentlicht. Das Buch umfasst 251 Seiten. Zur Ausstattung des Hardcovers gehört ein Lesebändchen.

Ich habe es mir bei einer Lesung im Frühjahr 2022 gekauft und vom Autor signieren lassen.



Zum Inhalt Bruno und Herbert, zwei junge Männer vom Dorfe, haben eine Vision von einer gerechteren Welt. Und von einem Fahrrad. Um nichts Geringeres als die Weltrevolution in Gang zu bringen, soll eine Bombe in einer Machtzentrale der herrschenden Klasse gezündet werden. Aus Versehen werden sie Mitglied in der Kommunistischen Partei und Bruno nimmt die Aufgabe in die Hand. Dann lernt er jedoch Else kennen und dann auch noch ein paar Genossen und auf einmal ist er nicht mehr so sicher, ob seine und Herberts Pläne von Gerechtigkeit kongruent mit denen der Partei sind.

Rezension Das Buch trägt den längsten aller mir bekannten Titel und der fasst auch gleich das erste Drittel des Buches zusammen. Doch das Zünden der Bombe lenkt die Aufmerksamkeit weniger auf die Weltrevolution als vielmehr auf den Großvater. Wessen Großvater? Dem des Autors? Nicht wichtig, es ist wohl keine wahre Geschichte, eher eine metaphorische, beispielhafte, die Zeit der Weltwirtschaftskrise betreffend. Damals bildete sich das Ideal der klassenlosen Gesellschaft heraus und für die besten Freunde Bruno und Herbert ist das Symbol hierfür das Fahrrad, was Unabhängigkeit und Mobilität verspricht. Der Kampf gegen den Kapitalismus und für Menschenrechte nach dem Vorbild der Sowjetunion entpuppt sich jedoch in der absurd-ironisch erzählten Handlung als Trugbild und Großvater Bruno, der als nachdenklicher Mensch beschrieben wird, kommt immer mehr ins Philosophieren. Bruno ist eine wunderbare Hauptfigur. Seine Naivität ist Lothar Becker sehr geglückt, er zieht ihn nicht durch den Kakao, lässt ihn nicht wie einen Dorftrottel, nicht unbeholfen dastehen. Bruno hat Hoffnung, er glaubt an etwas, er will etwas bewirken, fällt jedoch einer ausgeklügelten Propaganda zum Opfer. Welches Resümee er letztendlich aus seinem Verhalten und der gesamtpolitischen Situation zieht ist übertragbar auf vielerlei extremistische Phänomene, eine Abrechnung mit ideologischem Gedankengut und eine Warnung vor blinder Gefolgschaft. Mit Witz und ironischem Unterton lässt der Autor seine ProtagonistInnen von einem Dilemma ins nächste stolpern, hierbei weiß man jedoch immer, dass den liebenswerten Figuren nichts Schlimmes zustoßen wird, es geht um die Moral am Ende und die kommt sehr gut zur Geltung. Somit ist es ein warmherziges und angenehmes Lesevergnügen, das leise und dennoch deutlich mahnt, die Absichten der Politik und insbesondere der parteiführenden Individuen zu hinterfragen. Zum Verlag Der unabhängige Carpathia Verlag aus Berlin ist bereits 10 Jahre alt. Benannt wurde er nach der RMS Carpathia, die 1912 die an der Rettung Überlebender der havarierten Titanic beteiligt war. Das Verlagsprogramm umfasst Sachbücher, deutschsprachige Belletristik, Krimis und Gegenwartsliteratur. Die hochwertige Gestaltung der Bücher und die Qualität der ausgewählten Texte sind dem Carpathia Verlag ein großes Anliegen, das sieht und fühlt man beim Lesen.

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