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  • AutorenbildJulia Moldenhauer

Hintergründig - Differenziert - Wichtig



Zum Titel


Der Roman “The Blacker the Berry“ von Wallace Thurman wurde im Original 1929 unter dem Titel “The Blacker the Berry. A Novel of Negro Life“ veröffentlicht. Die vorliegende Übersetzung aus dem Amerikanischen von Heddi Feilhauer erschien 2021 im Verlag ebersbach & simon. Das Buch umfasst 220 Seiten, enthält ein Nachwort von Karl Bruckmaier und Erläuterungen der Übersetzerin.


Diese Rezension entstand einige Zeit vor meinem Blog, ziemlich genau zum Erscheinen des Buches im September 2021. Da das Buch – zu Recht - als eines der 10 besten Bücher aus unabhängigen Verlagen vor wenigen Tagen auf die „Hotlist“ gewählt wurde, veröffentliche ich die Besprechung hier mit kleinen Ergänzungen erneut.



Zum Inhalt


Was passiert mit der eigenen Identität, mit dem ethnischen Zugehörigkeitsgefühl eines Menschen, wenn dieses immer wieder negativiert wird, verantwortlich gemacht wird für alles Ungemach, ja sogar von vornherein der Möglichkeit einer glücklichen Zukunft jegliche Hoffnung entzogen wird?

Emma Lou wird, seit sie denken kann eingeredet, dass sie mit ihrer tiefschwarzen Haut nichts Gutes vom Leben zu erwarten hat. Jedes Unglück, jede Enttäuschung bezieht sie folglich auf diesen "Makel", fühlt sich beobachtet, hässlich, minderwertig. Sie verlässt ihre Familie, um zu studieren und soziale Kontakte zu knüpfen, die ihrem Anspruch genügen und landet letztendlich nach vielen Enttäuschungen in Harlem.

Doch ist die Geschichte so einfach? Ist sie ein Opfer der Gesellschaft? Geprägt von den sich wiederholenden Vorurteilen verhält sie sich nicht besser…



Rezension


In Wallace Thurmans Novelle geht es nicht allein um die Diskriminierung, die jemand seiner Hautfarbe wegen erfährt, es geht vielmehr um Diskriminierung, die aufgrund eigener Erlebnisse an andere weitergegeben wird.

Es ist eine Art Manifest über die Folgen von Vorverurteilung, die sich wie Gift verbreitet und das Selbstbewusstsein und Selbstakzeptanz unterminiert. Thurman beschreibt die daraus resultierende Doppelmoral, denn je dunkler die Haut eines Mitmenschen, umso größer ist Emma Lous Abneigung, sie definiert schließlich zwischenmenschliche Beziehungen über Äußerlichkeiten, ungeachtet der Persönlichkeit des Anderen.

Wallace Henry Thurman war Journalist und Autor. Zur Zeit der Harlem Renaissance wendete er sich mit seinen Texten vornehmlich an "Persons of Color", er selbst war Afroamerikaner und hatte sehr dunkle Haut. Ich fühle mich von seinem großartig geschriebenen Roman jedoch absolut mitgenommen und einbezogen. Auch nach über 90 Jahren hat “The Blacker the Berry“ Aktualität und ist ein wertvoller Beitrag gegen Rassismus und Diskriminierung, egal von wem und gegen wen. Diskriminierung schürt eigene Vorurteile.

Thurman starb 1934 an - wie Karl Bruckmaier es im Nachwort beschreibt - "Alkoholismus, Depressionen, Tuberkulose und dem ganzen Rest". In seinem biografisch beeinflussten Werk wird sehr gut die Stimmung in der schwarzen Gesellschaft der 20er Jahre übermittelt, deren homogene Identität Thurman als Trugschluss bewertete. Hochinteressant ist die beigefügte Tabelle der verschiedenen Abstufungen der Hautfarben, die sehr eindrucksvoll zeigt, welch große Unterschiede gemacht wurden und wie fixiert man auf dieses Thema war.

1929 veröffentlicht wurde es erstaunlicherweise nun erstmals und ganz wunderbar von Heddi Feilhauer übersetzt.



Zum Verlag


Der Verlag ebersbach & simon wurde 1990 von Brigitte Ebersbach in Dortmund gegründet – damals unter dem Namen edition ebersbach. Im Jahr 2000 zog der Verlag nach Berlin um, wo er bis heute seinen Sitz hat, seit 2015 unter der Verantwortung von Sascha Nicoletta Simon als Verlegerin und Programmchefin, was den heutigen Namen erklärt. Der unabhängige Verlag zeigt äußerlich eine konsequente Linie, die hochwertigen und liebevoll gestaltete Bücher ähneln sich optisch sehr. Den Schwerpunkt der anspruchsvollen Inhalte macht Literatur über außergewöhnliche, mehr oder weniger bekannte Frauen, sowie – wie in diesem Roman - außergewöhnliche fiktive Frauengeschichten aus. Es sind unglaublich interessante Titel darunter. In der Reihe „blue notes“ findet man ansprechende Romanbiografien, Anthologien und Briefverkehr. In einer angenehmen Länge (oder Kürze vielmehr) kann man sich so über allerhand Berühmtheiten belesen.

Jährlich veröffentlicht der Verlag etwa zwanzig Titel aus Belletristik, Sachbuch, Geschenkbuch, Wissenschaft und Kalender. Was ich tatsächlich wertschätze, mag es sich im Preis der Bücher niederschlagen ist, dass der Verlag in Deutschland druckt. Ich nehme das immer freudig zur Kenntnis! Auf die Frage, ob denn nun noch ein Frauenverlag gebraucht würde, vertreten beide Verlegerinnen die Ansicht, dass Frauen zwischen 30 und 40 Jahren nun mal die lesestärkste Gruppe sind und Themen und Figuren in Büchern zu finden sein sollten, die diese Leserinnen beschäftigen und inspirieren. Interessante und außergewöhnliche Frauen gibt es genug, da stimme ich absolut zu.

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