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  • AutorenbildJulia Moldenhauer

Verspielt - Naturalistisch - Zeitlos



Zum Titel


Der Roman „Bambi: Eine Lebensgeschichte aus dem Walde“ von Felix Salten wurde 1922 (vordatiert auf 1923) erstmals veröffentlicht. Die vorliegende Ausgabe ist aus dem Input-Verlag und 2022 erschienen, ist leicht gekürzt und den neuesten Regeln der Rechtschreibung angepasst. Das Buch umfasst 158 Seiten.

Es ist Band 17 aus der Reihe „Perlen der Literatur“, eine Sammlung aus derzeit 20 Werken, alle in dunkelblaues Leinen gehüllt.



Zum Inhalt


Das Buch beginnt mit der Geburt eines männlichen Rehs namens Bambi. Von den ersten, zaghaften Schritten über Bekanntschaften mit den Tieren des Waldes und Verwandten aus seiner eigenen Art begleiten wir Bambi, wie er aufwächst und nach und nach eigenständiger wird. Der idyllische Wald beschert ihm wundervolle Zeiten, doch er birgt auch große Gefahren. Mehrmals begegnet er Menschen, die seinesgleichen jagen. Zum Glück ist der Fürst der Rehe, das alte und weise Rudeloberhaupt, stehts in seiner Nähe, wenn Bambi in Schwierigkeiten gerät.



Rezension


„Bambi“ ist ein Klassiker unter den Disneyfilmen. 1928 ins Englische übersetzt, wurde die Geschichte für filmreif befunden und nach vielen Jahren Arbeit 1942 erstmals gezeigt. Das Buch, möchte ich behaupten, haben wenige Kinder seither gelesen. Und auch ich wäre ohne die wunderschöne Neuauflage zum 100. Geburtstag nicht darauf aufmerksam geworden.

Felix Salten, 1869 als Siegmund Salzmann geboren, war ein ungarisch-österreichischer Journalist und Schriftsteller – und Jäger. Lässt sich das mit so einem Buch vereinbaren? Ich finde schon. Denn erst seine genauen Beobachtungen ließen diese schmerzlich-schöne Geschichte entstehen, in der es um Themen wie Erwachsenwerden, Verlust, Stolz, und Verantwortung geht, kurz: um alles, was das Leben im Wald ausmacht. Die Sicht ist durchgehend die der Tiere, ihre Gefühle, Sorgen, ihr Glück, wird teils naiv und kindlich, geradezu vergnügt dargestellt, dann wieder ernst, realistisch und pragmatisch. Eine gleichmäßige, chronologische Handlung ist nicht auszumachen, vielmehr sind es Ausschnitte, Situationen, einzelne Höhepunkte, die aus Bambis Leben herausgearbeitet werden. Stark orientiert sich der Autor an den Jahreszeiten und misst ihnen große Bedeutung zu. Besonders beeindruckt hat mich, wie Salten die Empfindungen der Tiere beschreibt, angefangen von den einfachsten Trieben bis hin zu komplexen Zusammenhängen, wie etwa, wenn die Rehe auf das viel größere Damwild treffen, phänomenal.

Ich war überrascht, wie gut mir das die Literaturvorlage gefallen hat. Die Erzählweise lässt die Aufregung regelrecht überspringen, weil man so nah an den Ereignissen ist. Alles erscheint ungefiltert, ohne Abstand. An den Film erinnere ich mich kaum, tatsächlich habe ich im Hinterkopf, dass es eben kein fröhlicher Filmspaß ist und Tränen vorprogrammiert sind. Das Buch drückt nicht auf die Tränendrüse, es dramatisiert überhaupt nicht, allerdings verschweigt oder beschönigt es auch nichts.

Anders als Disney stellt Salten die Menschen nicht als übermächtig da, sie zeigen sich im Buch, werden von den Tieren beschrieben. Nicht so im Film, dort sind sie nicht zu sehen und werden als unheimlich und grausam assoziiert. Das habe ich im Buch nicht so wahrgenommen. Sie werden auch nicht „Jäger“ genannt – wie in der heutigen Filmsynchronisation – sondern Menschen.


Aber ist es nun ein Kinderbuch (und ein Kinderfilm)?

Für mich absolut. Es ist ein wunderbarer, naturalistischer und zeitloser Abenteuerroman, in dem Tiere die Hauptfiguren sind, aber – und das finde ich großartig gelungen – ohne sie zu vermenschlichen. Sie bleiben Tiere, sie haben Triebe, sie können sich selbst nicht alles erklären. Es geht um den Lauf ihrer Welt, um den Wandel der Jahreszeiten, um das Ursprüngliche. Dabei ist der Geschichte kein Kitsch anzulasten, so possierlich Manches beschrieben wird, so wird doch insgesamt wenig verniedlicht, was nicht in der Realität schlicht niedlich IST. Ich finde nicht, dass das Buch zu brutal ist oder gar traumatisierend ist. Es thematisiert Verlust, Alleinsein, Vergänglichkeit – in meinen Augen nichts, was man von Kindern fernhalten sollte. Wenn sich zum Ende des Herbstes die Blätter über ihr nahendes Ende unterhalten, bis eines von Ihnen zu Boden taumelt, oder Verwandte eines – von Menschen oder tierischen Räubern - zur Strecke gebrachten Weggefährten trauern, so gehört dies alles zum Leben im Wald, zum Kreislauf dieser Tiere und Pflanzen und zu dem, was auch Kinder verstehen können. Daher empfehle ich das Buch ab 8 Jahren durchaus.

Ein toller Klassiker für jung und alt!

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